Palliativmedizin bei Prostatakarzinom

Die Linderung von Beschwerden und andere Maßnahmen sollen einem Patienten mit unheilbarem, fortschreitendem Prostatakrebs ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, soweit und solange dies die Krankheit erlaubt.

Die Palliativmedizin soll die Lebensqualität von Patienten (und ihrer Angehörigen) verbessern, bei deren Erkrankung keine kurative (heilende) sondern nur noch eine palliative (lindernde) Behandlung möglich ist. Dies geschieht durch Vorbeugung gegen körperliche, psychische, soziale und spirituelle Probleme sowie deren Behebung oder Linderung. Diese Definition (nach WHO 2002) ist sehr umfassend und lässt erkennen, dass die Betreuung durch ein ganzes Team erfolgt, vom Arzt bis zum Seelsorger, und dies bis über den Tod des Kranken hinaus. Alle Aspekte hier zu besprechen, wäre viel zu ausführlich. Deshalb sind nachfolgend vor allem medizinische Maßnahmen genannt, darüber hinaus sei auf den Abschnitt „Weitere Informationen“ verwiesen (s.u.).

Nach der aktuellen Behandlungsleitlinie ist das Ziel der Palliativtherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom das Verbessern ihrer Lebensqualität durch wirksame Behandlung von belastenden Symptomen. Häufig kommt es demnach in diesem Fall zu Schmerzen, Erschöpfung (Fatigue-Syndrom), Gewichtsverlust, Angst, Depression und Beschwerden an betroffenen Organen (z.B. Harnverhalt s.u.).

Die Möglichkeiten der Palliativtherapie sollen nach der Leitlinie mit dem Patienten und seinen Angehörigen frühzeitig und ausführlich besprochen werden. Dies beinhaltet auch Informationen über alle verfügbaren Betreuungsangebote und Behandlungsmethoden sowie das Erstellen eines umfassenden Behandlungsplans. Letzterer soll unter Berücksichtigung der Wünsche des Patienten und interdisziplinär (unter Beteiligung von Personen aus verschiedenen Fachrichtungen) festgelegt werden. Dem Patienten sollte ein interdisziplinäres Behandlungsteam aus speziell geschultem Fachpersonal zur Verfügung stehen. Dieses soll körperliche und seelische Beschwerden wie Angst, Unruhe, Depression, Atemnot, Schwäche und Erschöpfung (Fatigue-Syndrom) regelmäßig erfassen und den Patienten angemessen betreuen und behandeln.

Supportivtherapie

Hierunter versteht man im allgemeinen eine unterstützende Behandlung, die sich gegen Nebenwirkungen und Komplikationen von anderen Therapien richtet. Dementsprechend können dafür viele verschiedene Maßnahmen infrage kommen. Beispiele finden sich in den Abschnitten Radikale Prostatektomie, Strahlentherapie und Hormontherapie.

Verlegung der Harnwege

Ein fortgeschrittener Tumor selbst sowie befallene Lymphknoten und andere Metastasen können den Abfluss von Urin im Bereich der Harnröhre, der Harnblase oder der Harnleiter beeinträchtigen. Mögliche Folgen sind unter anderem Beschwerden beim Wasserlassen, aufsteigende Infektionen des Harntrakts, Allgemeininfektionen (Sepsis) und dauerhafte Schädigungen der Nieren.

Bei Patienten mit subakuter (mit weniger heftig verlaufender) Harnstauung, bei denen noch keine Hormontherapie durchgeführt wurde, sollte zunächst nur eine solche Behandlung erfolgen (s. Hormontherapie). Bei Patienten mit Harnstauung, die Krankheitszeichen auslöst, soll eine Harnableitung erfolgen: Sie ist möglich mittels Katheter (von der Niere in die Harnblase, von der Harnblase durch die Harnröhre oder von der Harnblase oder Niere perkutan = durch die Haut nach außen), mittels Stent (an die Engstelle in die Harnröhre oder den Harnleiter eingelegtes Röhrchen) und mittels Operation (z.B. mit einer evtl. nur minimalen TUR-P oder einer Laserabtragung der Prostata, ähnlich wie die Eingriffe bei gutartiger Prostatavergrößerung, s. Operationsverfahren zur BPS-Behandlung).

Die Möglichkeit der Harnableitung, ihre Vor- und Nachteile sowie die verschiedenen Verfahren sollen mit dem Patienten und seinen Angehörigen besprochen werden. Patienten mit einem Androgen-unabhängigen (kastrationsresistenten) Prostatakarzinom (s. Hormontherapie) und einer beidseitigen Harnstauungsniere haben in der Regel eine geringe Lebenserwartung; dies soll bei der Entscheidung über eine Harnableitung berücksichtigt werden.

Wegen der Nachteile der anderen Verfahren sollte die Harnableitung vorzugsweise perkutan (durch die Haut) erfolgen. Anschließend soll der Patient im ersten Monat mehrfach kontrolliert werden, weitere Kontrollen sollten monatlich durchgeführt werden.

Knochenkomplikationen

Metastasen von Prostatakrebs finden sich bevorzugt im Skelett (s. Wachstum und Ausbreitung). Dort können sie Schmerzen verursachen, die Blutbildung und umliegende Organe beeinträchtigen sowie zur Instabilität von Knochen führen (z.B. mit Bruch, Beeinträchtigung des Rückenmarks). Instabilität kann aber auch die Folge eines Knochenabbaus (Osteoporose) durch eine lang dauernde Hormontherapie sein (zur Behandlung s. dort).

Zur palliativen Behandlung von Knochenmetastasen stehen zur Verfügung: Schmerzbehandlung (s. nächster Abschnitt), Hormontherapie, Chemotherapie, örtliche Bestrahlung (ggf. kombiniert mit einer Operation), Anwendung von Radionukliden (radioaktive Stoffe) sowie Gabe von so genannten Biphosphonaten oder von Denosumab (ein künstlicher monoklonaler Antikörper gegen ein Antigen auf bestimmten Knochenzellen).

Eine lokale perkutane Strahlentherapie (örtliche Bestrahlung durch die Haut) soll erfolgen, wenn eine Beeinträchtigung (Kompression) des Rückenmarks droht oder wenn das Knochenbruchrisiko erhöht ist. Eine solche Behandlung soll angeboten werden, wenn unter einer allgemeinen medikamentösen Behandlung (Hormontherapie) lokale Knochenschmerzen fortbestehen.

Radionuklide (Sr-89, Sm-153 oder Re-186) können eingesetzt werden, wenn bei einem hormonrefraktären (Hormon-unempfindlichen) Prostatakarzinom mehrere Knochenmetastasen vorhanden sind und sich die Schmerzen nur unzureichend behandeln lassen.

Bei einem Androgen-unabhängigen (kastrationsresistenten) Prostatakarzinom (s. Hormontherapie) soll nach Aufklärung über Nutzen und Risiken als Bisphosphonat Zoledronsäure oder der monoklonale Antikörper Denosumab angeboten werden, um gegen Komplikationen von Knochenmetastasen vorzubeugen. Wegen möglicher Nebenwirkungen am Kieferknochen soll sich der Patient vorher vom Zahnarzt untersuchen, behandeln und zu optimaler Mundhygiene anleiten lassen. Ob sich Biphosphonate auch zur Vorbeugung gegen Knochenmetastasen selbst eignen, ist noch unklar.

Schmerzen

Bei weit fortgeschrittenem Prostatakrebs treten oft Schmerzen auf, durch den Tumor selbst, durch seine Metastasen oder auch aus anderen Gründen. Die Behandlung kann kausal sein (gegen die Ursache gerichtet, z.B. gezielte Bestrahlung oder Operation von Metastasen). Meist ist sie symptomatisch (gegen das Krankheitszeichen gerichtet, z.B. Medikamente, Physiotherapie, Stimulation oder Blockade von Nervengewebe, Hilfsmittel wie Korsetts).

Nach einer sorgfältigen Diagnostik kommen zunächst Maßnahmen gegen behebbare Schmerzursachen zum Zug (z.B. durch Verlegung der Harnwege und Knochenkomplikationen, s.o.). Die medikamentöse Schmerztherapie soll nach dem Stufenschema der WHO (World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation) erfolgen. Verwendet werden verschiedene Schmerzmittel (Analgetika, einschließlich Opioide wie Morphin) und unterstützende Substanzen (Ko-Analgetika und Adjuvanzien, z.B. Psychopharmaka, krampflösende Mittel, Kortikosteroide). Zusätzlich sollen nicht medikamentöse Maßnahmen erwogen werden, die Schmerzen lindern können, wie physikalische (z.B. Lagerung, Lymphdrainage, aktivierende Pflege) und psychosoziale Methoden (psychologischer und seelsorgerischer Beistand). Hilfreich sind auch bestimmte psychotherapeutische Verfahren wie die progressive Muskelentspannung oder die Verhaltenstherapie.

Magen-Darm-Beschwerden

Übelkeit (Nausea) und Erbrechen (Emesis) können nicht nur von einer Strahlentherapie und Chemotherapie ausgelöst werden, sondern bei einem ausgedehnten Prostatakrebs beispielsweise auch durch Metastasen, eine Stoffwechselstörung (z.B. durch Knochenbefall oder Nierenschädigung) und Medikamente (z.B. Schmerzmittel). Sie lassen sich medikamentös behandeln. Falls möglich ist aber eine kausale Therapie vorzuziehen wie die lokale Bestrahlung einer Metastase oder die Beseitigung des Auslösers (z.B. Umsetzen des Schmerzmittels). Psychotherapeutische Verfahren können unterstützend wirken.

Eine Verstopfung (Obstipation) kann ähnliche Gründe haben und wird oft verstärkt durch mangelnde Bewegung und veränderte Ess- und Trinkgewohnheiten. Ist die Ursache nicht zu beseitigen, werden Abführmittel (Laxanzien) gegeben. Bei mechanischer Verlegung des Darms (z.B. Einengung des Mastdarms durch den Tumor) und bei Darmlähmung (Ileus) kann eine Operation infrage kommen.

Atembeschwerden

Mögliche Ursachen für Husten und Luftnot (Dyspnoe) sind ebenfalls sehr zahlreich. Die Behandlung erfolgt auch hier möglichst kausal, ansonsten symptomatisch, beispielsweise mit Medikamenten, durch physikalische Therapie wie Befeuchten der Atemluft oder Atemtherapie, durch zusätzliche Gabe von Sauerstoff und mit psychotherapeutischen Verfahren.

Unkonventionelle Behandlungsverfahren

Bei den oben genannten Beschwerden können auch Methoden der Erfahrungsheilkunde wie die Ernährungstherapie unterstützend wirken. Siehe hierzu den vorherigen Abschnitt Unkonventionelle Behandlungsverfahren bei Prostatakrebs.

Palliative Sedierung

Besteht in der Endphase der Krankheit trotz maximal möglicher Therapie weiterhin ein unerträgliches körperliches oder psychisches Leid, ist eine Sedierung (Beruhigung) mit Medikamenten möglich. Die Einschränkung des Bewusstseins kann dabei gesteuert werden, führt also nicht unbedingt zum Verlust von Sinneswahrnehmungen wie Hören oder Sehen. Ob diese Möglichkeit für ihn in Betracht kommt, sollte der Kranke rechtzeitig mit seinem Arzt besprechen.

Psychoonkologische Unterstützung

Die Diagnose Krebs kann sich erheblich auf das seelische und soziale Leben von Betroffenen auswirken. Psychoonkologen (psychosoziale Onkologen) sind speziell auf diesem Gebiet geschulte Ärzte oder Psychologen, die Krebspatienten und ihre Angehörigen begleiten, beraten und behandeln. Ziel ist, sie bei der Bewältigung der Krankheit zu unterstützen, körperliche Beschwerden (z.B. Schmerz) und psychische Belastungen zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern. Der behandelnde Arzt sollte nach entsprechenden Problemen fragen und gegebenenfalls eine psychoonkologische Unterstützung anbieten oder vermitteln.

Wichtiges rechtzeitig regeln

Niemand beschäftigt sich gerne mit seinem eigenen Tod. Es erleichtert den Abschied jedoch, wenn die wichtigsten Dinge geregelt sind. Deshalb sollte man am besten rechtzeitig vorsorgen, beispielsweise um keine Zweifel an der Testierfähigkeit aufkommen zu lassen (z.B. beim Ausstellen einer Vollmacht) oder um keine Fristen zu versäumen (z.B. spielt bei manchen Rentenversicherungen die Dauer einer Ehe für den Rentenanspruch eine Rolle).

Ratsam ist, wichtige Dokumente auszustellen und Unterlagen zu ordnen sowie dafür zu sorgen, dass eine Person des Vertrauens Zugriff darauf hat (Zettel mit dem Aufbewahrungsort bzw. Schließfachschlüssel bei sich tragen oder an die Person aushändigen). Beispiele:

Unkonventionelle Behandlungsverfahren bei Prostatakrebs

Vor allem bei einem fortgeschrittenen Prostatakarzinom werden manchmal Verfahren wie die Ernährungstherapie, Phytotherapie, Homöopathie oder Mind-Body-Medizin verwendet, in aller Regel jedoch ergänzend zu der konventionellen Therapie.

Es gibt zahllose Verfahren zur Behandlung von Krankheiten, deren Anwendung sich auf zum Teil Jahrtausende lange Erfahrung stützt, deren Wirksamkeit jedoch nicht sicher, das heißt mit modernen wissenschaftlichen Methoden nicht nachgewiesen wurde. Dieser Bereich der Medizin wird mit verschiedenen Begriffen bezeichnet und unterschiedlich eingeteilt. Den früheren Streit um die Abgrenzung von der wissenschaftlichen Medizin drücken zum Beispiel aus: orthodoxe Medizin gegenüber Paramedizin, Schulmedizin gegenüber Erfahrungsheilkunde, technische Medizin gegenüber Naturheilkunde oder eingreifende gegenüber sanfte Medizin.

Neutral ist die Unterscheidung zwischen konventionellen und unkonventionellen Verfahren. Die heutige integrative Medizin will beide zusammenbringen: Unkonventionelle Medizin mit ihrer oft ganzheitlichen Sichtweise - wo angebracht - in Ergänzung zur konventionellen Medizin (Komplementärmedizin) oder anstatt dieser (Alternativmedizin; beide zusammengefasst als komplementäre und alternative Medizin, KAM, engl. complementary and alternative medicine, CAM). Ohnehin ist die Zuordnung wegen neuer Erkenntnisse ständig im Fluss.

Eine vollständige Übersicht ist an dieser Stelle nicht möglich, so dass wir auf den Abschnitt „Weitere Informationen“ verweisen müssen (s.u.). Aus der großen Fülle haben wir einige weit verbreitete (mehr oder weniger) unkonventionelle Verfahren zur Therapie des Prostatakarzinoms herausgegriffen und nachfolgend kurz zusammengefasst.

Alle diese Verfahren werden in der Regel komplementärmedizinisch, also ergänzend zu den in den vorherigen Abschnitten beschriebenen Behandlungsmethoden eingesetzt, insbesondere bei fortgeschrittenem Prostatakrebs. Manche bergen Risiken, gesundheitliche wie finanzielle. Eine der größten Gefahren ist ihr alternativer Einsatz, also dass dadurch eine konventionelle, möglicherweise heilende Therapie unterlassen wird.

Deshalb unser Rat: Falls Sie ein solches Verfahren anwenden wollen, informieren Sie sich gründlich und sprechen Sie mit Ihren Vertrauten und anderen Betroffenen, vor allem aber mit Ihrem behandelnden Arzt, damit er Sie beraten und das gewählte Verfahren zu Ihrem eigenen Schutz bei seiner Therapie berücksichtigen kann.

Ernährungstherapie

Die Ernährungstherapie hat zum Ziel, den Kranken in einem guten Ernährungszustand zu halten beziehungsweise Mangelzustände auszugleichen. Dies erhöht die Lebensqualität, stärkt die Abwehrkräfte, erleichtert die Tumorbehandlung und verbessert die Prognose. Es handelt sich also um ein ergänzendes (heute anerkanntes und deshalb eher konventionelles) Verfahren, das alleine nicht heilen, aber doch einen gewissen Schutz vor den Folgen, dem Fortschreiten oder dem Wiederkehren des Tumors bieten kann. Davon zu unterscheiden sind Maßnahmen bei der Ernährung, die gegen einen Tumor vorbeugen sollen (siehe hierzu den Abschnitt Vorbeugung gegen Prostatakrebs).

Bösartige Tumoren können den Geschmackssinn, Geruchssinn und Appetit beeinträchtigen sowie den Stoffwechsel verändern, insbesondere den Energiebedarf erhöhen. In fortgeschrittenem Stadium führen sie oft zu einer starken Gewichtsabnahme (Tumorkachexie), weshalb man sie zu den auszehrenden Krankheiten rechnet. Weiterhin sind vielfältige direkte und indirekte Auswirkungen möglich, die die Aufnahme und Verwertung der Nahrung beeinträchtigen. Auch die Behandlung des Tumors, vor allem eine Strahlentherapie oder Chemotherapie, kann solche Einflüsse ausüben.

Zur Ernährungstherapie wird ein individueller Ernährungsplan festgelegt, der regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden muss. Er richtet sich nach dem aktuellen, meist gesteigerten Bedarf an Energie und Nährstoffen, einschließlich Vitaminen und Spurenelementen, auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln (s.u. Mikronährstoffe). Berücksichtigt werden aber auch die Vorlieben des Kranken, Besonderheiten bei den Nahrungsmitteln (z.B. Vermeiden eventuell krankheitsfördernder Stoffe und vermehrte Zufuhr günstiger Stoffe) und spezielle Umstände bei der Nahrungsaufnahme und -verwertung (z.B. andere Zubereitung und anderes Würzen bei Appetitlosigkeit, Sondenernährung bei Schluckstörungen).

Darüber hinaus sollte sich die Behandlung von ernährungsbezogenen Beschwerden möglichst gegen die Ursache richten (z.B. Beseitigung einer Engstelle im Darm oder von Blutarmut). Ist dies nicht möglich, kommen gezielte Maßnahmen gegen einzelne Symptome in Betracht (z.B. Steigerung des Appetits mit Medikamenten; siehe auch im Abschnitt Palliativmedizin unter Magen-Darm-Beschwerden).

Krebsdiäten

Es gibt zahlreiche Kostformen, die als „Krebsdiäten“ zur Behandlung bösartiger Tumoren dienen sollen (z.B. aus den Bereichen Vollwertkost, Trennkost, Fasten, Makrobiotik), teilweise unter abenteuerlich anmutenden Vorstellungen wie den Krebs „auszuhungern“. Manche gelten als gesund (z.B. die stoffwechselaktive Vollwertkost), und für einige liegen Hinweise auf mögliche positive Wirkungen gegen Krebs vor, beispielsweise durch eine verminderte Zufuhr von Kohlenhydraten (z.B. ketogene Diät). Ein sicherer Wirksamkeitsnachweis ist jedoch bislang für keine dieser Diäten gelungen. Gleichzeitig bergen viele davon erhebliche Risiken wie Gewichtsabnahme und Mangelerscheinungen, die den Körper und seine Abwehrkräfte schwächen. Von den meisten ist daher dringend abzuraten.

Letzteres gilt eingeschränkt auch für Diätformen, die nur das Vermeiden oder die vermehrte Zufuhr bestimmter Nahrungsmittel vorschreiben (z.B. Rote Beete, Kartoffeln, Trauben), sowie für Empfehlungen zugunsten besonderer Nahrungsmittel (z.B. Ananas, Granatapfel, Noni, Tomaten, Soja, Lachs, Kolostrum = Vormilch). Ihre Risiken bestehen vor allem in der Gefahr einer einseitigen Ernährung mit Mangelerscheinungen. Doch auch ihre Wirksamkeit ist nicht abschließend nachgewiesen, obwohl manche davon bei einem Prostatakarzinom positive Effekte sowie vorbeugende Wirkungen zeigen können (z.B. Tomaten; siehe auch den Abschnitt Vorbeugung gegen Prostatakrebs).

Therapie mit Mikronährstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und Antioxidanzien

Unter Mikronährstoffen versteht man für den Körper wichtige Substanzen, die nur in geringen Mengen in der Nahrung vorkommen, insbesondere Vitamine und Mineralstoffe (z.B. Vitamin C, Selen). Sekundäre Pflanzenstoffe (engl. phytochemicals) sind dagegen keine eigentlichen Nährstoffe, haben aber zum Teil gesundheitsfördernde Wirkungen (z.B. Carotinoide, Phytoöstrogene). Als Antioxidanzien gelten Substanzen, die Zellen vor der Oxidation durch freie Sauerstoffradikale, also vor der Schädigung durch gefährliche Sauerstoffverbindungen schützen. Dazu zählen neben manchen Vitaminen (z.B. Vitamine C und E) und sekundären Pflanzenstoffen (z.B. Betakarotin) viele weitere Stoffe (z.B. Glutathion).

Substanzen aus diesen Gruppen gibt es einzeln oder in Kombination (auch mit anderen Stoffen) als Nahrungsergänzungsmittel (ergänzende Lebensmittel, Supplemente), bilanzierte Diäten (diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und bestimmte Personengruppen) und Arzneimittel (mit sog. pharmakologischer Wirkung, meist höher dosiert). Sie werden bei Krebs zumeist zur Prophylaxe eingesetzt (s. Abschnitt Vorbeugung gegen Prostatakrebs), gelegentlich aber auch zur Therapie: Als alleinige, alternative Behandlung (z.B. hoch dosiertes Vitamin C), als begleitende Behandlung (z.B. zur Stärkung des Immunsystems, Selen zum Abschwächen der Nebenwirkungen einer Strahlen- oder Chemotherapie) sowie zum Schutz gegen das Wiederkehren des Tumors nach konventioneller Behandlung.

Eine große Rolle spielen solche Substanzen bei der orthomolekularen Tumortherapie und bei so genannten metabolischen Krebstherapien. Sie sind aber auch Bestandteil vieler anderer unkonventioneller Verfahren. Ihre Verwendung wird dabei selbst in wissenschaftlichen Beiträgen gerne mit einem vorbeugenden Effekt begründet, da die therapeutischen Wirkungen vielfach kaum untersucht wurden.

Speziell zur Behandlung von Prostatakrebs gibt es nur wenige positive Berichte. Da sich diese immer nur auf die untersuchten Bedingungen beziehen, ist die Anwendung im Einzelfall zu prüfen. Als gut gesichert gilt dagegen die begleitende Gabe von Mikronährstoffen zum Ausgleich besonderer Mangelzustände im Rahmen der Ernährungstherapie (s.o.).

Immunologische Behandlung

Die körpereigene Abwehr (das Immunsystem) spielt eine große Rolle bei der Bekämpfung bösartiger Zellen. Die Wechselwirkungen zwischen Abwehr und Angriff (z.B. Immunsuppression = Unterdrückung des Immunsystems durch den Tumor) sind allerdings hoch kompliziert und noch nicht vollständig aufgedeckt. Ein wichtiger Bestandteil der Immuntherapie von Krebs ist die Aktivierung des Abwehrsystems (Immunstimulation): Entweder mit spezifischen Maßnahmen, damit es die Erkrankung gezielt bekämpft (z.B. durch „Impfung“; Näheres hierzu im Abschnitt „Weitere systemische Therapie“ unter Immuntherapie). Oder mit unspezifischen Maßnahmen, um es allgemein zu stärken (z.B. Sport).

Auch viele unkonventionelle Verfahren zur Krebsbehandlung verfolgen oder beinhalten den Ansatz, mit Hilfe zugeführter Mittel das Immunsystem unspezifisch zu verändern (Immunmodulatoren) oder anzuregen (Immunstimulanzien). Sie können zum Teil schwere Nebenwirkungen haben und besitzen zum Großteil keinen gesicherten Wirksamkeitsnachweis. Verwendet werden verschiedenste Zubereitungen aus definierten Verbindungen (z.B. Aminosäuren, Enzyme, Squalen, Ubichinon, Sauerstoff, Arzneimittel), Tumorzellen (z.B. Aktiv-spezifische Immunisierung, ASI), Thymus (Drüse des Immunsystems, „Bries“) und anderen Organen (z.B. Milz, Bauchspeicheldrüse, Blut / Eigenblut), Pflanzen (z.B. Thuja, Ginseng, Soja, Ananas), Pilzen (z.B. Shiitake) und Mikroorganismen.

Am bekanntesten und wahrscheinlich am besten untersucht sind der BCG-Impfstoff und Mistelpräparate. BCG (Bacillus Calmette-Guérin) ist ein abgeschwächter Tuberkuloseerreger und wird konventionell zur Impfung gegen Tuberkulose sowie zur adjuvanten (begleitenden) lokalen Therapie oberflächlicher Harnblasentumoren verwendet. Zubereitungen aus der Mistel (Viscum album) werden sehr häufig als unkonventionelle Krebsbehandlung eingesetzt, vor allem in der anthroposophischen Medizin. Bei Prostatakrebs zeigen sie einige positive Effekte, so dass sie in besonderen Fällen zur Behandlung zugelassen wurden (z.B. zur Steigerung der Lebensqualität bei unheilbarer Erkrankung).

Phytotherapie

Die Phytotherapie ist ein verbreitetes Verfahren der Naturheilkunde. Dabei erfolgt die Behandlung mittels Zubereitungen aus Pflanzenbestandteilen wie Früchten, Wurzeln oder Samen, zum Beispiel in Form von Säften, Tees, Tinkturen, Extrakten, Aufgüssen oder Salben. Diese enthalten meist mehrere Wirkstoffe und zahlreiche weitere Substanzen. Handelt es sich um standardisierte Präparate, spricht man von Phytopharmaka.

Beispiele für die zur Krebsbehandlung verwendeten Pflanzen sind Kranbeere (Cranberry), Heidelbeere, Ginseng, Gelbwurz (Turmeric, Curcuma longa), Aloe vera, Weihrauchbaum (Boswellia), Sonnenhut (Echinacea), Teestrauch (als grüner Tee) und Aspalanthus linearis (als Roiboos-Tee). Auch die Behandlung mit pflanzlichen Präparaten, die oben bereits genannt wurden, kann man zur Phytotherapie rechnen (z.B. Lycopin, Phytoöstrogene, Mistel).

Zu beachten ist, dass pflanzliche Präparate ebenso wie synthetisch hergestellte zu unerwünschten Wirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln führen können. Für ihre Wirksamkeit bei Prostatakrebs gibt es zwar ebenfalls einige Hinweise, aber noch keinen Beweis, so dass über ihre Anwendung individuell entschieden werden sollte.

Klassische Homöopathie

Die Homöopathie ist eine ganzheitliche Arzneitherapie, die den gesamten Menschen mit seiner Persönlichkeit, seiner Lebensgeschichte, seinem Befinden und seinen Krankheitszeichen einbezieht. Als klassische Homöopathie bezeichnet man die ursprüngliche Form, um Verwechslungen zu vermeiden, zum Beispiel mit der Behandlung mit Komplexmitteln (antihomotoxische Medizin) oder mit höher dosierten pflanzlichen Wirkstoffen (Phytotherapie, s.o.).

Als homöopathische Arzneimittel dienen über 2000 Einzelstoffe aus der belebten und unbelebten Natur, oft aus Pflanzen. Nach aufwendigen Verfahren werden sie meist verarbeitet zu Streukügelchen (Globuli), Tabletten oder Tropfen (Dilutiones), jeweils mit unterschiedlichen, zum Teil extremen Verdünnungen bei gleichzeitiger Dynamisierung durch Verschüttelung oder Verreibung (Potenzierung). Die Auswahl des Arzneimittels geschieht individuell nach der Ähnlichkeitsregel „Similia similibus curentur“ (lat.: Ähnliches wird durch Ähnliches behandelt): Beim Gesunden würde die Arznei ein ähnliches Leiden erregen wie das, das sie heilen soll. Ebenso individuell wird die richtige Potenz ausgewählt.

Die Behandlung soll die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren, oft schon nach einmaliger Einnahme des Arzneimittels. Bei Krebs erfolgt sie zur Verbesserung der Lebensqualität, in aller Regel ergänzend zur konventionellen Therapie. Die Homöopathie gilt bei richtiger Anwendung als ausgesprochen risikoarm. Zu ihrer Wirksamkeit gibt es jedoch nur wenige klinische Untersuchungen.

Mind-Body-Medizin (MBM)

Die MBM stellt das Zusammenwirken von Geist (engl. mind) und Körper (engl. body) in den Mittelpunkt und berücksichtigt den großen Einfluss von Gefühlen und Verhalten sowie seelischen, spirituellen und sozialen Faktoren auf die Gesundheit. Sie betrachtet den Menschen also ganzheitlich, fördert bei chronischen Krankheiten seine gesunden körperlichen und seelischen Anteile und aktiviert ihn zu mehr Selbsthilfe. Eingesetzt wird die MBM nur ergänzend zur konventionellen Medizin.

Die Methoden sind nicht so neu wie die Bezeichnung: Verfahren zur Entspannung wie progressive Muskelrelaxation, autogenes Training, Meditation, Yoga, Qi-Gong und Tai-Chi, psychotherapeutische Verfahren sowie Bewegung, alle zumeist in Gruppen. Sie sollen die Lebensqualität verbessern und kaum Risiken bergen.

Anmerkung: Die Psychoonkologie beinhaltet ähnliche Vorstellungen und Methoden, ist jedoch etwas enger gefasst auf die Betreuung durch Ärzte und Psychologen bei psychischen und sozialen Auswirkungen von Krebs (s. im Abschnitt „Palliativmedizin“ unter psychoonkologische Unterstützung).

Weitere unkonventionelle Verfahren

Die Liste der sonstigen unkonventionellen Verfahren zur Krebsbehandlung ist lang. Darunter sind komplementär verwendete, in bestimmten Fällen anerkannte und verbreitete Methoden wie die Akupunktur (v.a. zur Schmerzbekämpfung), die Neuraltherapie (Injektion eines Lokalanästhetikums zur Beeinflussung des vegetativen Nervensystems bzw. zur „Störfeldtherapie“) und die TCM (traditionelle chinesische Medizin, v.a. zur Verbesserung der Lebensqualität). Daneben finden sich umfassende, zum Teil weltanschaulich geprägte Konzepte wie Ayurveda und die anthroposophische Medizin. Es gibt aber auch solche, vor denen wegen eventueller schwerster Nebenwirkungen dringend abzuraten ist wie die Einnahme von Amygdalin („Vitamin B17“, Aprikosenkerne) und PC-Spes (u.a. chinesische Kräuter, nicht mehr im Handel).

Über verschiedene Kanäle, insbesondere über das Internet wird eine Fülle von Verfahren und Präparaten angeboten, die angeblich gegen Krebs helfen. Hier sollte man sich nicht von Hoffnungen leiten und von Einzelfallberichten und Versprechen blenden lassen. Vielleicht handelt es sich um wirkungslose, gefälschte oder gar um gefährliche Substanzen. Vielmehr ist das erste Augenmerk darauf zu richten, ob und wie diese auf Unbedenklichkeit, Qualität und Wirksamkeit geprüft wurden, vor allem bei Prostatakrebs (die konventionelle Behandlung einer anderen Tumorart ist ja auch nicht ohne Grund anders). Die Alarmglocken sollten jedenfalls spätestens schrillen bei aggressiver Werbung, hohen Behandlungskosten, nebulösen Aussagen und insbesondere bei Heilversprechen. Um mögliche Risiken für Ihre Gesundheit oder Finanzen zu vermeiden, erkundigen Sie sich also eingehend und fragen Sie andere, insbesondere auch Ihren Arzt.